Interview mit der „Glocke“ vom 26.03.2018
Die Glocke: Seit wann besteht Ihre Märchenagentur und wie ist die Idee dazu entstanden?
Julia Schmilo: Theater, Musicals und die viktorianische Mode haben mich schon immer fasziniert und von
klein auf habe ich eine „Verkleidungskiste“ mit mir rumgeschleppt. Material hatte ich immer genug,
da meine Oma und Uroma beide Schneiderinnen waren.
Die Idee zur Märchenagentur hatte ich vor 5 Jahren, während ich eine Anekdote aus meiner
Kindheit erzählt habe. Es ging darum wie vernarrt ich als kleines Kind in Arielle (die Meerjungfrau)
war und wie sehr ich daran glaubte, dass es sie wirklich gibt.
Ich bin stundenlang mit unserem roten Wäschekorb auf dem Kopf rumgelaufen und war überzeugt
davon eines Tages eine Meerjungfrau zu werden, weil warum sollte die Geschichte nicht auch einmal
anderes herum funktionieren?
Während des Gesprächs kam mir dann der Gedanke, warum man eigentlich statt Clown und
Zauberer nicht auch mal die Lieblingsmärchenfigur zum Geburtstag einladen könnte?!
Ich habe dann begonnen die Figuren und dazu passende Storylines zu kreieren, die Kostüme
zusammen zu stellen (viel davon auch selber gemacht), ein passendes Programm für jedes Alter zu
erstellen, etc… Und dann haben wir bei Kindern von Freunden mal ausprobiert, wie es ankommt.
Die Resonanz war riesig und durchweg positiv.
Die Glocke: Wie fasziniert sind Sie selbst von Märchen?
Julia Schmilo: Ich liebe die Kinderliteratur. Eine der Höhenpunkte meines Lebens war der Moment als ich
mit fünf Jahren meine erste Büchereikarte bekommen habe. Danach war es schwierig mich mal
hinter den Büchern wegzubekommen. Wenn ich als Kind mal was ausgefressen habe hieß es bei uns
Zuhause nicht „Du hast Stubenarrest“, sondern „Du gehst jetzt mindesten 3 Stunden draußen auf
dem Hof spielen und du nimmst diesmal kein Buch mit“.
Märchen haben natürlich in frühster Kindheit eine große Rolle gespielt. Besonders die, von Hans
Christian Andersen, Oscar Wilde und Wilhelm Hauff.
„Die kleine Meerjungfrau“, „Der glückliche Prinz“, „Der Tannenbaum“, „Peter Pan“ sowie die
Geschichten von Magda Trott, Astrid Lindgren und Angela Sommer-Bodenburg haben mich geprägt.
Die Glocke: Wie wichtig sind Märchen und Geschichten für Kinder?
Julia Schmilo: Ich denke, dass diese Erzählungen ungemein wichtig sind um Kindern die wichtigsten
positiven Charakterstärken nahe zu bringen: Mitgefühl, Wertschätzung, Liebe, das richtige Maß an
Selbstlosigkeit aber auch an Selbstliebe, Willensstärke und den Mut für sich selbst und für das woran
man glaubt einzustehen.
Astrid Lindgren lehrt die Kinder, aber gerade auch die Erwachsenen, dass Kinder jeden Alters ein
volles Recht haben in ihrer Individualität und als eigene Charaktere und Persönlichkeiten
ernstgenommen zu werden.
Außerdem fördert das Lesen und vorgelesen bekommen in der Kindheit natürlich auch intensiv die
Sprach- und Ausdrucksfähigkeiten der Kinder.
Gute Kinderliteratur begleitet einen oft durchs ganze Leben und hinterlässt tiefe Erinnerungen des
Glücks. „Pettersson und Findus“ und der geliebte Geruch meines Kindergartens, „Lakenludwig und
die lila Lady“ mit meinen Eltern auf der Fahrt nach Katalonien im Stau auf der Autobahn, „Hanni und
Nanni“ bei Oma und Opa im Garten unterm Apfelbaum, „Die 5 Freunde“ nachts heimlich mit der
Taschenlampe unter der Bettdecke…
Das Lebenswerk von Walt Disney sollte man auch nicht außer Acht lassen.
Als ich in einem Seminar an der European Language School über das Thema „Someone who changed
the world“ schreiben sollte, wählte ich für meine Hausarbeit den Titel „Walt Disney - the man who
found back people‘s lost Childhood“.
Er war derjenige, der das Fenster für uns geöffnet hat, damit wir neben all dem „Erwachsensein“ ab
und zu immer noch für eine kleine Weile ins Nimmerland fliegen können.
Die Glocke: Was haben Sie gemacht, bevor Sie sich mit der Märchenagentur selbstständig gemacht
haben?
Julia Schmilo: Was ganz anderes - ich habe katholische Theologie studiert.
Früher habe ich in einem Hotel in Katalonien gelernt, und dabei auch die wöchentliche
Kinderanimation geleitet.
Im Bereich Klassischer- und Musicalgesang sowie in der Schauspielerei wurde ich außerdem von der
Opernsängerin Yvonne Blunk ausgebildet.
Die Glocke: Wie viele Mitarbeiter sind in der Agentur beschäftigt und wer macht was?
Julia Schmilo: Ich bin freiberufliche Unterhaltungskünstlerin und alles Organisatorische wie auch die
komplette künstlerische Gestaltung liegen in meinen Händen.
Bei mehreren Buchungen am selben Tag sowie bei den Fahrten und Werbeaktionen springt auch
schon mal meine (in den letzten Jahren intensiv angelernte) Familie ein.
Die Glocke: Wie läuft so eine Buchung ab?
Julia Schmilo: Auf unserer Homepage (www.magicalguests.com) gibt es eine große Auswahl an
Märchenfiguren und Paketen, die man buchen kann.
Angebote für kleine private Veranstaltungen finden sich unter „Pakete und Preise“ (für Hochzeiten,
Taufe, Kommunionfeier, Kindergärten, Grundschulen, Stadtfeste, Veranstalter, Gewerbeschauen,
etc. finden sich hingegen die dazu passenden Angebote unter „Großveranstaltungen“).
Bei jedem Paket kann man auf „Mehr“ klicken und findet dort eine genauere Beschreibung, was den
Inhalt angeht.
Die meisten Pakete sind deutschlandweit buchbar und wir stellen auch gerne ein Programm nach
Extrawünschen der Kunden zusammen.
Generell empfehlen wir mindestens 4-8 Wochen vor dem Veranstaltungstermin zu buchen, um auch
sicher zu gehen, dass der Wunschtermin und die gewünschte Märchenfigur noch verfügbar sind.
Fragen und Buchungen erreichen uns auf drei möglichen Wegen.
Via E-Mail (magicalguests@gmail.com), oder durch hinterlassen einer Nachricht auf unserer Mailbox
oder bei WhatsApp (0176-61027443).
Am einfachsten ist es sich auf unserer Homepage ein Wunschpaket auszusuchen und dann auf
„Buchung“ zu gehen. Dort dann unter der gewählten Wunschfigur auf „Anfragen“ klicken.
Wir fragen unter anderem nach den persönlichen Daten, Wunschtermin, gewünschte Sprache
(Deutsch, Englisch oder Spanisch) und noch nach ein paar weiteren wichtigen Dingen.
Die Kunden bekommen eine E-Mail in der wir mitteilen, ob der Wunschtermin und die gewünschte
Uhrzeit noch möglich sind und haben dann die Möglichkeit den Termin fest zu buchen.
Alle weiteren, für die Veranstaltung wichtigen Informationen, erhalten sie daraufhin ebenfalls per EMail.
Die Glocke: Erhalten Sie Feedback, nachdem Sie auf Kindergeburtstagen o.Ä. aufgetreten sind? Wenn
ja, wie sieht das so aus?
Julia Schmilo: Das Feedback der Eltern ist wichtig für unsere Arbeit und wir sind sehr glücklich, dass die
Resonanz bisher durchweg positiv war. Wir erhalten liebevoll gestaltete Karten, Briefe und Fotos;
auch teilen die Eltern uns oft mit, dass die Kinder noch Wochen später über unseren Besuch reden
und sie auch schon überlegen welche Märchenfigur sie für den nächsten Geburtstag oder die
Einschulungsfeier einladen möchten.
Es freut mich auch immer ganz besonders, wenn wir noch neue Anregungen und Ideen von Eltern,
Großeltern und auch von Erziehern erhalten.
So wie vor kurzem die Bitte nach einer Piratin passend zum Piraten aufkam oder auch die
wunderbare Nachfrage „Könntet ihr vielleicht einen Workshop für die Eltern anbieten, in dem sie
zusammen mit ihren Kindern ein Märchen erarbeiten sollen?“ Die Idee fand ich toll!
Was für uns aber am allerwichtigsten ist, ist das Feedback, welches wir von den Kindern direkt
bekommen. Und das folgt immer auf der Stelle.
Die besten Feedbacks von allen sind die Umarmungen von den kleinen Partymäusen und das
Strahlen in ihren Augen, weil sie so einen tollen Tag haben.
Das sind auch für mich die erfolgreichsten Tage; wenn das besuchte Kind glücklich ist, weil es
wirklich daran glauben kann, dass die „echte Schneekönigin“ es heute Zuhause besucht hat.
Dieses warme Gefühl im Bauch nimmt man dann auch als „Märchenfigur“ mit nach Hause.
Die Glocke: Was waren die denkwürdigsten Momente oder Ereignisse, die Sie in Ihrem Beruf erlebt
haben?
Julia Schmilo: Wir wurden ganz am Anfang mal als kleine Hexe und Pirat Jack zum ersten Kindergartentag
eines dreijährigen eingeladen, der sehr stark fremdelte und die Mutter war sich eigentlich sicher,
dass er sich die ganze Zeit verkriechen würde. Aber überraschenderweise wurde ich schon von ihm
in der Tür an die Hand genommen und er hat mir ganz stolz sein Kinderzimmer präsentiert. Dann hat
er tatsächlich 1,5 Stunden einen Schatz mit uns gesucht, dafür Hinweise gesammelt und kleine
Aufgaben erfüllt, mit uns gebastelt und gespielt und sich am Ende ganz stolz sein Glitzertattoo vom
Piraten drauf machen lassen.
Es gibt Kinder, die sonst immer ganz vorne mit dabei sind und die aber auf einmal ganz schüchtern
werden, wenn die Lieblingsfigur plötzlich vor ihnen steht. Aber einige Kinder, die normalerweise ein
wenig zurückhaltender sind, tun sich manchmal vielleicht ein bisschen einfacher mit einer
Phantasiefigur zu agieren und kommen dann plötzlich aus sich heraus.
In beiden Fällen ist es immer mit viel Emotionen verbunden und manchmal holen wir die Kinder ab,
oft aber auch sie uns.
Die Glocke: Gibt es tolle Sachen, die Ihnen die Kinder mal gesagt haben?
Julia Schmilo: Eine der schönsten Erinnerungen habe ich an ein etwa dreijähriges Mädchen, das bei einer
Werbeaktion auf mich zugelaufen kam und immer wieder „Anna! Da ist Anna!“ gerufen hat und mir
dann in die Arme gefallen ist. So eine ungehemmte Wucht an Kinderfreude ist enorm ansteckend
und macht furchtbar glücklich.
Einmal hat mir (als ich als kleine Meerjungfrau eingeladen war) der sechsjährige Bruder des
Geburtstagskindes erklärt, dass er mich heiraten wird sobald er ein Haus mit einem Pool gebaut hat.
Auch wenn man innerlich manchmal wirklich gluckst, in diesem Moment ist es die große Kunst, nicht
aus der Rolle zu fallen. Die Kinder sollen sich schließlich immer ernstgenommen fühlen.
Ein Mädchen hat mir mal zum Abschied gesagt „Das war mein schönster Tag“. Ich glaube, das ist
auch zusammengefasst das Schönste, was uns ein Kind sagen kann!